Halloweenparty mit Hindernissen

»Hannibal, hast du die ganzen Gehirne im Glas gemampft?!«

Kopfschüttelnd – und knochenrasselnd – schaute Clicker sich in der Vorratskammer um. Eigentlich sollten dort noch mindestens zwei Dutzend Gläser mit den festlich dekorierten Muffins stehen, doch auf dem Regalbrett herrschte gähnende Leere. Nicht ein Kuchenkrümel in Sicht.

»Wieso fragst du mich?«, ertönte hinter ihr die Stimme des Zombie-Meerschweinchens. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich keinen Süßkram mag?!«

Clicker drehte sich zu ihm um und hob eine knochige Pfote. »Schon gut, es war nur naheliegend.«

Hannibal runzelte die Stirn, wobei die herunterhängenden Fleischfetzen seines Gesichts bedrohlich zu schaukeln begannen und sein linkes Auge einmal mehr am Sehnerv baumelnd aus seiner Höhle hüpfte. »Ich verdächtige ja auch nicht dich, wenn mal wieder Baiser-Knochen fehlen.« Er klang verschnupft.

Instinktiv bauschte Clicker ihren Schwanz, doch natürlich hatte das nicht den gewünschten Effekt. Im Gegenteil. Ein Prasseln ertönte hinter ihrem Rücken, als die kleinen Knöchelchen zu Boden rauschten. Wieder einmal. Das Skelett-Eichhörnchen fuhr herum und sammelte eilig die Einzelteile seines einst buschigen Schwanzes ein. »Das ist nicht lustig!« Nur mühsam unterdrückte Clicker das leichte Schluchzen, das sich in ihre Stimme schleichen wollte. Sie vergaß immer noch viel zu oft, dass ihre Knochen nicht mehr von Muskeln, Haut und Fell umgeben waren.

»Hier.« Hannibal reichte ihr ein letztes Knöchelchen, das ihm vor die Pfoten gerollt war. »War nicht böse gemeint.«

Clicker schluckte. »Ich weiß. Aber jetzt wissen wir immer noch nicht, wer die Vorratskammer leergefuttert hat.«

Beide überlegten einen Moment schweigend. Dann riefen sie wie aus einem Mund: »Chucky!!«

»Hm? Was’n los?« Mit dicken Backen kauend bog die Werschildschröte um die Ecke, ein Cocktailglas mit einer rötlichen Flüssigkeit und darin schwimmenden Augäpfeln in den Krallen seines rechten Vorderfußes. Als Chucky die vorwurfsvollen Blicke der beiden anderen bemerkte, schluckte er schnell den Kuchenrest herunter, wischte sich mit dem linken Vorderfuß über den Schnabel und versuchte, das Glas hinter seinem Panzer zu verstecken.

Clicker und Hannibal näherten sich ihm mit in die Seiten gestemmten Pfoten. »Das Essen war für heute Abend gedacht!«, fauchte Clicker. Und Hannibal fügte hinzu: »Kannst du nicht einmal an mehr als nur dich selbst denken?«

Chucky räusperte sich. »Heute Abend?«

Clicker tippte ihm mit einem Knochenfinger gegen den ungeschützten Bauch. »Unsere Halloweenparty! Hast du etwa unsere Halloweenparty vergessen?«

Die Werschildkröte senkte den Kopf und wirkte auf einmal kleinlaut. »Das war heute? Oh.« Chuckys Schnabel öffnete und schloss sich, doch es kamen keine weiteren Worte heraus.

Hannibal und Clicker schauten sich den bedröppelten Übeltäter noch ein paar Sekunden lang an, wechselten dann einen Blick und ergriffen schließlich je eine Vorderpfote der Werschildkröte. »Du kommst jetzt mit in die Küche. Wenn wir uns beeilen, können wir den Schaden noch vor der Party beheben.«

Chucky nickte stumm und ließ sich ohne Widerworte mitschleifen.


Diese Kurzgeschichte entstand im Rahmen einer Halloween-Aktion des Blogs Books, Beauty and Creativity und ist ein Mini-Spin-off zu meinem Roman »Träume voller Schatten«.